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Dieses Jahr fand zum 20. Mal doxs!, das jährliche Filmfestival für Dokumentarfilme für Jugendliche in Duisburg im Zuge der Filmwoche statt. Dabei wurde am Freitag dem 12. November der Preis der „Großen Klappe“ für den besten politischen Jugenddokumentarfilm vergeben. Der Preis ist dabei mit einem großzügig von der Bundeszentrale für politische Bildung gestifteten Preisgeld von 5.000€ dotiert und wurde wie jedes Jahr von einer Jugendjury vergeben. Die Schülerinnen und Schüler trafen sich dabei an mehrmals am Wochenende und schauten sich die ingesamt sieben nominierten Dokumentarfilme an, die in ihrer Länge in dem Bereich von einer Viertelstunde bis zu anderthalb Stunden lagen. Dabei waren auch eine Schülerinn und ein Schüler des Mannesmann-Gymnasiums dabei, Lilly Warg aus der Klasse 11 und ich selbst, Tobias Willée aus der Klasse 12.

Nach jedem Film hat sich die Jugendjury nochmal über die behandelten Themen ausgetauscht mit einer Tiefe, welche Außenstehende vielleicht überrascht hätte. Uns ging es um viele wichtige Themen, um Identität, Kindheit, Trauma und kollektive Erinnerung, um nur einige zu nennen. Jeder neue Film hat dabei die Entscheidung immer etwas schwieriger gemacht. Doch wir haben uns schließlich geeinigt und konnten an besagtem Freitag feierlich den Gewinnerfilm bekannt geben. Es war „Dans le silence d’une mer abyssale“ auf Deutsch „In der Stille eines abgrundtiefen Meeres“ von Juliette Klinke aus dem Jahr 2020. Hierbei handelte es sich in gewisser Weise um einen Meta-Film, ein Dokumentarfilm, der sich kritisch mit der Filmgeschichte auseinandersetzt und dabei selbst nur aus alten Filmausschnitten besteht. Die These des Films lässt sich dabei wie folgt zusammenfassen: Von den Anfängen des Mediums Film im späten 19. Jahrhundert bis zum Anfang der 40er Jahre, als das Filmgeschäft zu einer großen Industrie wurde, prägten innovative Frauen das junge Medium, etwa als Regisseurinnen, Drehbuchautorinnen und Schauspielerinnen. Doch ihre Beiträge zum Film und zu den Meilensteinen seiner Geschichte wurden vergessen. An ihre Stelle traten die Namen von Männern, die heute jeder kennt, der auch nur oberflächlich mit Filmgeschichte in Berührung kommt: George Melies, Charlie Chaplin, Walt Disney usw.

Diese kritische Hinterfragung unserer kollektiven Erinnerung fiel der Jugendjury ins Auge und wir waren uns einig, dass durch die Auszeichnung des Filmes ein Zeichen gesetzt werden kann. Frauen in der Filmindustrie dürfen nicht vergessen werden, nicht damals und auch nicht heute. Neben seiner faszinierenden These überzeugte uns der Film auch mit seiner klar strukturierten Erzählweise und mit seinen sehr poetischen Metaphern. Stilistisch ist die ausschließlich Verwendung von Archivmaterial der Filme eben dieser Regisseurinnen eine sehr passende Ergänzung. Und diese Thematik stieß durchaus auf Interesse. Im Anschluss an die Verkündung des Gewinnerfilms wurde dieser dem Publikum von mehreren Schülerinnen und Schülern von diversen Schulen vorgeführt und danach gab es ein Interview mit der Regisseurin Juliette Klinke. Dabei zeigte sich auch beim Publikum viel Interesse an den Ideen und Hintergründen des Werkes. Zusätzlich dazu sprach die Jugendjury auch noch eine lobende Erwähnung aus. Diese ging an den Film „Seepferdchen“ von Nele Dehnenkamp. Dieser beschäftigte sich mit der Fluchtgeschichte der Protagonistin und ihrem daraus resultierenden Trauma, welches bei ihr zu einer starken Angst vor Wasser geführt hat. Hierbei wurde von uns sowohl in den  Diskussionen als auch in der Begründung für die lobende Erwähnung vor allem der respektvolle Umgang mit der Protagonistin und ihren Erlebnissen hervorgehoben. In Zeiten des Sensationsjournalismus und der politischen Polarisierung ist so etwas keine Selbstverständlichkeit.

Wer sich für die Arbeit einer Jugendjury und für solche Dokumentarfilme interessiert, der kann sich auch schon auf nächstes Jahr freuen. Denn nach dem diesjährigen Jubiläum wird doxs! nächstes Jahr wiederkommen. Und wieder wird man Interessierte für die Jugendjury suchen. Ich hoffe, dass auch Schülerinnen und Schüler unsere Schule nächstes Jahr wieder an diesem so faszinierenden Kulturereignis mitwirken werden.

Tobias Willée, Jgst. 12